Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Schweiz stellt das Management von Arbeitszeiten – insbesondere von Über- und Minusstunden – eine wichtige Herausforderung dar. Die Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung kann zur Effizienzsteigerung beitragen, erfordert jedoch auch eine sorgfältige Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Dieser Beitrag erläutert, wie Über- und Minusstunden in temporären und festen Anstellungsverhältnissen gemäss der Schweizer Rechtsprechung ins neue Jahr übertragen werden können.

Grundlagen der Arbeitszeitregelung

In der Schweiz regelt das Arbeitsgesetz (ArG) die Grundlagen der Arbeitszeiten. Detailliertere Infos findet man auf der Homepage von Seco oder hier Arbeits- und Ruhezeiten (admin.ch) .

Zusammenfassend gelten 45 Stunden die Woche für alle gelisteten Berufe, ausserhalb der gelisteten Branchen gilt eine Wochenarbeitszeit von 50 Stunden. Hier ist es wichtig zu betonen, dass die verschiedenen GAV der Schweiz diese Stundenregelungen besserstellen dürfen. Das bedeutet, dass je nach GAV die Wochenstunden auf 42 oder gar 40 Stunden gesenkt werden dürfen.

Überstunden:

Seco unterscheidet auch zwischen Überzeitarbeit und Überstundenarbeit.

  • Überzeit ist, wenn man die gesetzliche wöchentliche Arbeitszeit überschreitet.
  • Überstunden ist, wenn man die vom GAV oder Einzelarbeitsvertrag gesetzten Stunden (auch täglich) überschreitet. Der Art. 321c Abs. 1 OR Erläutert dies genauer.

Die Entschädigung ist in beiden Fällen sehr ähnlich. Beide können mit Freizeit abgebaut werden oder müssen mit einem Zuschlag von mindestens 25% ausbezahlt werden. An Wochenenden, Nachtarbeit und Feiertagen können die Zuschläge 50% oder sogar 100% betragen, je nach Branche und GAV.

Minusstunden:

Minusstunden entstehen, wenn Arbeitnehmer weniger als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit leisten. Die Handhabung von Minusstunden ist oft in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder GAVs geregelt. Die Nachleistung ist jedoch abhängig vom Verschulden.

Hat der Arbeitnehmer die Minusstunden selbst verschuldet, müssen Minusstunden innerhalb eines vereinbarten Zeitraums nachgearbeitet oder, falls vertraglich festgehalten, mit dem Lohn verrechnet werden.

Hat der Arbeitgeber die Minusstunden zu verschulden, so sind diese Minusstunden nach Art. 324 OR nicht zur Nachleistung verpflichtet. Somit muss der Arbeitnehmer diese spezifischen Minusstunden nicht nachholen.

 

Überstunden ins neue Jahr übernehmen

Die Möglichkeit, Überstunden ins neue Jahr zu übertragen, hängt von der internen Regelung des Unternehmens sowie von individuellen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag oder des GAV’s ab. Es gibt keine gesetzliche Vorgabe, die eine Übertragung von Überstunden explizit regelt, was bedeutet, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer Spielraum für individuelle Vereinbarungen haben. Es empfiehlt sich jedoch, solche Regelungen schriftlich festzuhalten, um Unklarheiten zu vermeiden.

In der Praxis akzeptieren viele KMUs die Übertragung von Überstunden in das folgende Jahr, setzen aber oft eine Frist (z.B. das erste Quartal) für den Verbrauch dieser Stunden. Nach Ablauf dieser Frist können nicht genommene Überstunden entweder verfallen oder müssen ausbezahlt werden.

Es kommt auch oft vor, dass nur bis zu 100 Stunden mit ins neue Jahr genommen werden dürfen und alles darüber ausbezahlt oder als Freizeit bezogen werden muss.

Minusstunden ins neue Jahr übertragen

Das Übertragen von Minusstunden ins neue Jahr ist weniger üblich und kann arbeitsrechtlich komplex sein. Es ist wichtig, dass solche Regelungen fair und im Einklang mit dem Schweizer Arbeitsrecht gestaltet werden, um spätere Konflikte zu vermeiden.

Tatsächlich ist es wichtig, Anzahl der maximalen Minusstunden, Frist des Abbaus und Lohnkürzungen im Arbeitsvertrag zu definieren und dass ein ordentliches Arbeitszeiterfassungssystem existiert. Falls dies nicht vorliegt, haben Arbeitgeber schlechte Karten.

Temporäre vs. Festanstellung

Bei temporären Anstellungen gelten grundsätzlich die gleichen Regelungen bezüglich Über- und Minusstunden wie für Festangestellte. Allerdings werden bei temporär Angestellten in der Regel Überstunden und Minusstunden direkt innerhalb einer Arbeitswoche verrechnet. Das schreibt meistens der GAV der jeweiligen Branche vor.

Bei Minusstunden wird entsprechend dem Stundenlohn weniger Lohn ausbezahlt.

Bei Überstunden wird entsprechend GAV und Definition von Überzeit und Überstunden und auch unter Berücksichtigung von eventuellen Gleitstunden (GAV spezifisch) ausbezahlt. Das bedeutet, entweder kriegt man die Stunden zu 100%, 125%, 150% oder sogar zu 200% ausbezahlt, je nach dem, unter welchen Bedingungen und GAV die Überstunden entstanden sind.

Für eine detaillierte Beratung ist es empfehlenswert, sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder eine auf das Schweizer Arbeitsrecht spezialisierte Beratungsstelle zu wenden.